Sonntag, 22. Juni 2014

Wieviel Entscheidung für das Kind?

Es ist zum Mäuse melken. Jetzt habe ich angefangen, ein soziales Netzwerk aufzubauen. Habe Menschen kennen gelernt, die bereits unschoolen. In Deutschland und anderswo.

Sogar der Vater der Kinder, obwohl nach wie vor pro Schule, hat zu Naturkind gesagt, sie soll selbst entscheiden ob sie zur Schule geht oder nicht.

Und jetzt? Jetzt will sie plötzlich. Nach dem Umzug ist der vertraute Freundeskreis nicht mehr so greifbar, da sieht die (freie) Schule plötzlich wieder attraktiver aus, scheint mir.

Ich werde sie morgen früh gehen lassen. Meine Auflage war, dass sie abends früh und freiwillig ins Bett geht. Sie hat auf alles verzichtet, das unseren Abend normalerweise erst schön werden lässt: kuscheln, lesen, spielen, reden. Um rechtzeitig aufstehen zu können.

Nun ist es ja leider so, dass Schule eine gewisse Sogwirkung auszuüben scheint. Immerhin gibt es da dann doch schon bekannte Gesichter, vertraute Abläufe etc. Wenn ich meine Erfahrungen mit Zöpfchen ansehe, dann wird mir klar: rein in die Schule geht es quasi automatisch. Die (negativen) Nebeneffekte sind unmittelbar. Raus aus der Schule, das ist schwierig. Insbesondere raus aus einer freien Schule. Langsam kommt es mir so vor, als hätte ich mir mit der freien Schule mein größtes Hindernis auf dem Weg zu Unschooling selbst gebaut.

Damit sind wir beim Thema. Morgen will Naturkind in die Schule. Dadurch wird sie mehr in den Sog gezogen. Will dann übermorgen vielleicht wieder hin. Und nächste Woche geht sie aus Gewohnheit. Bislang war ich immer der Meinung, dass ich glücklich sein werde mit der Entscheidung, die das Kind trifft. Ich möchte, dass sie sich wohl fühlt. Aber ist das möglich, mit einem ständigen rein und raus? Sollte ich für eine längere Zeit außerhalb sorgen, entgegen ihrer spontanen Wünsche, so dass sie überhaupt erst die Chance bekommt, sich ein Leben außerhalb aufzubauen?

Wieviel Entscheidungsraum sollte ich ihr geben? 

Ich weiss es nicht. Meine Strategie im Moment wird sein, einen möglichst großen Aktionskreis für sie außerhalb der Schule aufzubauen. So dass sie merkt, dass überall Freunde zu finden sind. Noch mehr Vernetzung mit Unschoolern, so dass sie sieht, dass andere Kinder das auch erleben. Parallel dazu habe ich vor, ihr bis zu den Sommerferien Entscheidungsfreiheit einzuräumen. Dann werde ich sie vermutlich abmelden. Es sei denn, sie geht bis dahin schon jeden Tag mit Begeisterung. Ich hoffe nicht, dass es dazu kommt. Zu hoch ist der Preis, die Auswirkungen auf unsere Beziehung innerhalb der Familie. Aber was, wenn es wirklich so kommt? Ich fühle mich unbehaglich.

Mein Rat an alle mit kleineren Kindern, die den Unschooling-Weg ausprobieren wollen: fangt am besten gar nicht erst mit der Schule an. Sind die Kinder erstmal im Trott und haben die ersten anderen Kinder dort kennen gelernt, ist es viel schwieriger für sie, sich wieder auf natürliches Lernen einzulassen. Und am allerschwierigsten ist es, zumindest für Zöpfchen und Naturkind, Freunde zu gewinnen, wo kein institutioneller Rahmen das gemeinsame Spiel quasi diktiert. Soviel zur Sozialisierungsfunktion der Schule. Zwangsgemeinschaften, in denen Sozialkompetenz überflüssig wird.

Donnerstag, 12. Juni 2014

Die Beziehung pflegen

Der Vater von Zöpfchen und Naturkind hat sich nach der Trennung sehr bald entschieden, sein eigenes Leben zu leben und nur noch jedes zweite Wochenende zur Verfügung zu stehen - wenn überhaupt. 

Von Anfang an habe ich bemerkt, dass insbesondere Zöpfchen mehr Zeit mit ihm verbringen will und mich dafür eingesetzt. Leider nur mit sehr mäßigem Erfolg. Auch die neue Frau scheint da eine entsprechende Rolle zu spielen.

Nun hatte ich ein Schlüsselerlebnis.

Zöpfchen und Naturkind waren längere Zeit am Stück bei ihrem Vater. Schon am dritten Tag hat Zöpfchen mich angerufen und im Gespräch hat sich herausgestellt, dass es ihr in diesem Moment gerade gar nicht gut ging. Der Umgangston beim Vater und der neuen Frau ist ziemlich autoritär. Es wird wohl viel kommandiert. Die Kinder reagieren entsprechend aggressiv, werden selbst gemein.

Und bei diesem Telefonanruf habe ich es endlich verstanden. Es bringt gar nichts, wenn ich mich dafür einsetze, dass sich der Vater öfter um die Kinder kümmert. Das was sie sich wünschen, werden sie trotzdem nicht bekommen: Nähe.

Das ist etwas, was für mich der allerschönste Aspekt am Unschooling ist. Dadurch dass ich meine Kinder als Menschen mit Bedürfnissen und Wünschen ansehe, dadurch dass ich mich auf ihre Bedürfnisse einlasse und alles ruhen lasse, um mit ihnen einen Augenblick zu teilen, dadurch schaffe ich Nähe. Auf Augenhöhe zu handeln, mutet oftmals anstrengend an. Jedoch ist der Gewinn auf beiden Seiten so unendlich groß. Erst seitdem wir stetig versuchen, miteinander wie Menschen umzugehen, den anderen und dessen Bedürfnisse zu respektieren, erst seit diesem Moment haben wir überhaupt begonnen, eine Beziehung aufzubauen. Vorher war es ein ständiges Machtspiel. Ein Bestimmen, Bevormunden, Auflehnen, Rebellieren. Geprägt von Trotz und einer negativen Schwingung. Früher war ich immer erschöpft und heilfroh, wenn die Kinder im Bett waren.

Heute nehme ich mir Zeit und verbringe diese mit den Kindern. Je mehr Zeit ich mit ihnen verbringe, desto mehr Zeit gestehen sie mir alleine zu. Ich habe heute mehr Gelegenheit denn je, Dinge für mich alleine zu machen. Die Beziehung ist so gut geworden, dass die Kinder jetzt auch meine Bedürfnisse sehen. 

Wenn Zöpfchen sagt, sie vermisst ihren Vater, dann vermisst sie die Beziehung zu ihrem Vater. Den Menschen, der sie und ihre Sorgen sieht. Und nicht einfach jemanden, der sie "abhandelt". Seitdem ich das verstanden habe, ist ein großer Stein von meinem Herzen gefallen. Ich war unglücklich damit, dass sie so wenig Zeit mit ihrem Vater verbringen konnte. 

Jetzt weiß ich, dass eine gute Beziehung das ist was fehlt. Und wenn kein Wille auf beiden Seiten besteht, solch eine aufzubauen, dann hilft alle Zeit der Welt nicht. 

In den "7 Wegen" sagt Stephen Corvey, dass man auch die Henne pflegen und füttern muss und nicht einfach nur die Eier nehmen kann. Es ist die Beziehung, die wichtig ist. Alles andere kommt dann von alleine.

Je mehr ich lese, desto deutlicher sehe ich, wie alles zusammen hängt, wie ein Puzzle-Teilchen ins nächste passt. Lernen im echten Leben ist nur ein kleiner Teil. Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg.


Donnerstag, 5. Juni 2014

Neues Zuhause

Es war ein wenig ruhig um uns in der letzten Zeit.

Seitdem ich Naturkind am Wohnort abgemeldet habe, gab es keine Konsequenzen. In der freien Schule hatte ich Bescheid gegeben, dass sie erstmal nicht mehr kommt. Bislang haben wir noch keinen Gesprächstermin gefunden. Andere Dinge waren im Vordergrund.

Wir wohnen jetzt in einer eigenen Wohnung: Zöpfchen, Naturkind und ich. Nicht mehr so ländlich wie zuvor. Und nicht mehr zusammen mit meinem Freund und seinen Unschooling-Kindern. Zum ersten Mal nur wir 3 alleine seit der Trennung vom Vater der Kinder. Es wird Zeit, dass wir uns finden, unseren eigenen Rhythmus, unser eigenes Leben. Bislang war vieles durch Einflüsse von außen bestimmt. Bettgehzeiten, Essensgewohnheiten, der ganze Alltag. Es wird jetzt sehr spannend für uns, alles neu zu entdecken.

Erst 4 Nächte haben wir im neuen Zuhause verbracht. Alles ist noch sehr chaotisch, wir haben noch keine Küche und daher noch keinen Alltag. Bald fahren die Kinder für längere Zeit zum Vater, danach wird alles bereit sein, so dass wir uns in Ruhe neu entdecken können. Ich freue mich schon darauf!