Samstag, 26. Juli 2014

De-Schooling

Zöpfchen wollte nun auch eine Woche lang nicht zur Schule gehen. Ich habe es ausprobiert, zwingen widerstrebt mir bei jedem meiner Kinder.

Jedoch war die Woche für mich sehr hart. Zöpfchen hat nichts anderes gemacht als sich mit ihrem Laptop zurückzuziehen. Den ganzen Tag. Die ganze Nacht. Ins Bett ist sie um 3 oder um 5 morgens. Manchmal schon um 1. Ich habe sie nicht aus dem Haus bekommen. Sie hat keine Freunde getroffen. Sie hat nur die ganze Zeit neue Serien die sie interessieren entdeckt, daraus dann Listen angefertigt. Teilweise japanische Worte gelernt, auch einiges an Englisch. Natürlich auch viel über Mangas, denn es waren Animes, mit denen sie sich beschäftigt hat. Auch wie das mit dem Download geht. Verschiedene Dateitypen etc.

Ich sehe also wohl dass sie viele Dinge gelernt hat. Aber unsere Beziehung innerhalb der Familie ist in dieser Woche fast komplett zerbrochen. Keine gemeinsame Aktivität. Schlechte Laune durch zuviel Konsum. Streit. Keine Mithilfe bei irgendwas. Kein Miteinander. Kein Kontakt mit anderen Menschen. Nicht einmal Kontakt mit dem Wetter draußen. Nur Konsum. Und essen.

Im Rückblick nach dieser Woche gehe ich davon aus, dass wir hier eine De-Schooling Situation wie aus dem Bilderbuch erlebt haben. Ich wäre bereit, dieses De-Schooling durchzustehen. Einmal zumindest, denn es ist sehr hart. Aber das hat doch nur Sinn, wenn Zöpfchen sich dazu entscheidet, auf die Schule zu verzichten. Und das ist nicht ihr Plan im Moment. Sicherlich werde ich nicht einen Wechsel von Schooling und De-Schooling über einen längeren Zeitraum mitmachen. De-Schooling ist aus meiner Sicht nur zu ertragen, wenn das Ziel ist, im Unschooling anzukommen.

Ich verstehe jetzt, warum viele Eltern mit Schulkindern dafür sorgen, dass sie auch in den Ferien "gut aufgehoben" sind. In der Ferienfreizeit sind sie nicht nur ganztags betreut, sie haben auch keine Chance, in das De-Schooling zu starten, für das sich die Sommerferien per se gut eignen. Geht auch nicht, wenn die Eltern selbst frei haben und eine enge Kontrolle ausüben. Ansonsten sähe man wohl allerorts nur verzweifelte Eltern. Andererseits - 6 Wochen unkontrolliert konsumieren als Ausgleich für ein Jahr in der Schule sitzen - das scheint in unserer Gesellschaft eine anerkannte Belohnung zu sein.

Für mich ist es so, dass ich erkannt habe, dass ich Naturkind und Zöpfchen komplett unterschiedlich behandeln muss. Naturkind hatte ihre De-Schooling Phase schon nach dem Ganztagskindergarten. Sie schaut auch gerne vormittags Filme auf Youtube, wenn ich noch in der Arbeit bin. Aber spätestens wenn ich komme hört sie auf und macht etwas mit mir oder beschäftigt sich mit etwas anderem. Sie ist offen für Dinge. Und sie verbringt mitnichten alle Zeit, die sie ohne mich hat, mit Konsum. Oft erarbeitet sie sich eine Fantasiewelt oder ähnliches. Sie entdeckt die Welt gerne. Virtuell und echt.

Zöpfchen werde ich dieses Vertrauen das ich Naturkind entgegenbringe, nicht auf einen Schlag schenken können. Solange sie in der Schule ist, auch wenn es eine freie ist, ist die Seite der Eigenverantwortung bei ihr einfach viel zu schwach ausgeprägt. Wo Naturkind ins Bett geht wenn sie müde ist, da zwingt sich Zöpfchen zum Wachbleiben, mißachtet die Signale ihres Körpers. Das wird natürlich mit dem morgendlichen Wecker schon gut trainiert. Eine vollkommen unterschiedliche Lebenssituation also, in der sich meine beiden Kinder befinden.

Sollte Zöpfchen irgendwann beschließen, dass sie nicht mehr zur Schule gehen will, dann werde ich vermutlich zunächst homeschoolen und dann nach und nach in dem Maße in dem ihre Kompetenzen wachsen zum Unschooling übergehen. Ich denke, dieser kalte Entzug des De-Schoolings ist mehr als unsere Familie verkraften kann. Lieber schleiche ich die Droge Schule langsam aus.

Für den Moment möchte ich eine Lösung mit Zöfpchen finden, mit der wir alle leben können. Ich kann nicht mehr zulassen, dass sie sich komplett aus der Familie zieht und ihre Gesundheit vernachlässigt. Um dann wieder in die Schule einzusteigen, wenn das Schlimmste voraussichtlich überstanden sein wird.
Ist nicht ganz einfach, denn ohne Bindung finden sich auch Lösungen viel schwerer.

Diese letzte Woche hat mich jedoch auch in meinem Beschluß bestärkt, Naturkind als Unschooler aufwachsen zu lassen. Einmal die Woche zur freien Schule zu gehen sehe ich als Maximum. Dies ist dann wie der wöchentliche Besuch eines Vereins, den man auch ausfallen lassen kann. Schule wird in Naturkinds Leben keine weitere Bedeutung erlangen. Dafür werde ich kämpfen.

2 Kommentare:

  1. Eine mögliche Lösung gegen zu viel Konsum wäre, das Internet auf gewisse Zeiten zu beschränken. Das kann man am Computer so einstellen, dass das Internet dann zu einer bestimmten Zeit oder nach einer bestimmten Anzahl Stunden von selber abstellt. Man kann auch den Laptop z.B. für gewisse Zeiten in einem Schrank einschliessen und nur für gewisse Stunden freigeben. Das Entschulen kann längere Zeit dauern!

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  2. Liebe Bernice, vielen Dank für deinen Kommentar! Ich habe genau das getan. Laptop und Ladekabel sind nun an verschiedenen Orten versteckt und ich gebe sie nur für bestimmte Zeiten an Zöpfchen heraus. Und nur nach Einbruch der Dunkelheit. Seither ist sie den ganzen Tag damit beschäftigt, Mangas zu zeichnen :)

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