Montag, 28. April 2014

Druck

Ich merke, wie sich mein Verhalten ändert, wenn ich unter Druck stehe. Ich reagiere leicht gereizt, verwende scharfe Worte oder greife zu erpresserischen Mitteln. 

Der Kontrast zwischen Ferien und Schulzeit ist besonders extrem. Die Kinder können in den Ferien  wach bleiben, so lange sie wollen. Fast von alleine pendelt sich der Ausklang des Abends gegen Mitternacht ein. Am nächsten Tag können sie ausschlafen so lange sie wollen. Der ganze Tag beginnt entspannt und endet entspannt.

Ob ich selbst zur Arbeit muß oder nicht ist eigentlich irrelevant. 6 Stunden Schlaf reichen mir auch, also stehe ich in den Ferien einfach auf und lasse die Kinder in Ruhe ausschlafen.

Wenn jedoch am nächsten Morgen Schule ansteht, dann ist alles anders. Der Abend beginnt um 20:00 spätestens hektisch zu werden. Die Kinder müssen ins Bett, damit sie genug Schlaf bekommen. Tja. Um 22:00 Uhr werde ich langsam genervt. Letztendlich gehen meine Kinder begleitet von scharfen Worten zu Bett. Viel zu spät und ohne Geschichte. Dabei machen Naturkind und ich im Bett abends sonst immer Tandem-Lesen. Keine Zeit, keine Zeit. Viel zu spät, morgen müssen wir raus. 

Am nächsten Morgen dann klingelt quasi mitten in der Nacht ein erbarmungsloser Wecker. Ich bin meistens schon etwas eher wach, denn ich brauche, wie gesagt, nicht so viel Schlaf. Zöpfchen wacht oft auch schon durch den Wecker auf und rafft sich dann tapfer alleine auf. Mit dicken Augenringen, aber sie geht auf eigenen Wunsch zur Schule. Weil sie sich im Moment dafür entschieden hat.

Naturkind jedoch liegt im Tiefschlaf, wenn der Wecker rasselt. Wach wird sie davon natürlich nicht. Meistens bringe ich es nicht übers Herz, sie zu wecken. Da liegt ein Kind, das einfach noch so müde ist, dass es den lauten Wecker nicht hört! Sie zuckt nicht mal. Wenn ich sie dann doch wachrüttle, dann jammert sie, dass sie noch müde ist und ihr kalt ist. Ich fühle mich richtig gewalttätig, wenn ich sie dann wachkitzle und zum Aufstehen bewege. Sie zieht dann mehrere Pullover übereinander, weil ihr so kalt ist. Oder besser gesagt: ich ziehe sie ihr an, denn wir haben ja keine Zeit, um darauf zu warten, dass sie sich selbst anzieht. Naturkind wird dadurch wieder zum Kleinkind. Abgefertigt wie auf dem Fließband.

Dieser zeitliche Druck und der damit verbundene Stress haben Auswirkungen auf unser Familienleben, die ich nicht tragbar finde:
-Ich verfalle in autoritäre Muster, um meine Kinder zu einer Zeit ins Bett zu treiben, zu der sie schlicht noch Interesse an an anderen Tätigkeiten haben.
-Dadurch verhindere ich in diesem Moment ihr Lernen.
-Am nächsten Morgen muss ich Gewalt anwenden, um eine zeitliche Anforderung zu erfüllen.
-Oftmals hat mir Naturkind gesagt, bereits am Vorabend, dass sie nicht zur Schule will. In solchen Fällen setze ich mich über ihre Meinung hinweg, erlaube ihr nicht, selbst Verantwortung zu tragen.
-Die Selbstbestimmung leidet insgesamt. Auch die Verantwortung für den eigenen Körper und das Erfahren und Kennenlernen der Signale des eigenen Körpers (z.B. Müdigkeit)

Dieser Druck muss einfach weg. Er passt nicht zu unserem Leben. Geht ein Kind freiwillig zur Schule oder zu einer Veranstaltung, so ist das toll. Zöpfchen macht das so. Dieses Kind ist dann auch bereit, auf Schlaf zu verzichten oder anderer Dinge zu entbehren um diese Veranstaltung zu erleben. Aber wenn das Kind andere Interessen hat, dann möchte ich es nicht zwingen, nur weil ein äußerer Druck existiert, eine gesellschaftliche Erwartung, die ich nicht erfüllen möchte.


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